Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sieht in der Unterstützung der Union für Frank-Walter Steinmeier als künftigen Bundespräsidenten „gerade in Zeiten weltweiter Unruhe und Instabilität“ ein „Signal der Stabilität“. Die Unterstützung der Union für die Kandidatur des Außenministers und SPD-Politikers sei daher ein „wichtiges und richtiges Signal“, sagte Merkel. Sie lobte Steinmeier als „Mann der politischen Mitte“, der in Wirtschaft und Gesellschaft sowie im In- und Ausland geachtet werde.

„Ich kenne ihn als einen verlässlichen und immer auch auf Ausgleich und Lösungen ausgerichteten Politiker“, lobte Merkel weiter. Sie habe Steinmeier insbesondere bei der Zusammenarbeit in der Ukraine-Krise „sehr gut kennengelernt“. Die CDU-Chefin sagte weiter, sie habe den SPD-Politiker am Morgen persönlich über die Entscheidung der Christdemokraten informiert, seine Kandidatur zu unterstützen.

Nach der Entscheidung sagte Steinmeier, er sehe eine „Riesenverantwortung“ mit dem Amt des Bundespräsidenten auf sich zukommen. „Das ist natürlich ein ganz besonderer Tag. Ich bin dankbar für die große Unterstützung, die ich erhalten habe“, sagte Steinmeier am Montagabend in Berlin unmittelbar vor seinem Abflug in die Türkei. Auch viele Menschen außerhalb der Politik hätten ihn zu dieser Kandidatur ermutigt.

Steinmeier: „Habe es mir nie einfach gemacht“

Der Bild-Zeitung sagte er, es sei schön zu erleben, dass die Unterstützung auch über die Parteigrenzen hinweg gekommen sei. Weiter kündigte er an, er werde auch als Bundespräsident unbequeme Wahrheiten aussprechen. „Wer mich kennt, weiß, dass ich es mir nie einfach gemacht habe, sondern immer auch unbequeme Dinge sage, für die es in der Öffentlichkeit keinen Applaus gibt. Und ich baue darauf, dass dieser Weg am Ende die Oberhand gewinnt.“ 

In dem Interview ging Steinmeier auch auf die Wahl in den USA ein. Man könne jetzt nur hoffen, dass sich nach einem polarisierenden und schmutzigen Wahlkampf der gewählte Präsident nicht so verhalten werde wie der Wahlkämpfer Donald Trump. „Ich hoffe, dass schnell die Einsicht einkehrt, dass die Welt da draußen um einiges komplizierter, der Klimawandel kein Schwindel und die Nato keine überflüssige Veranstaltung ist.“ Kurz vor der Wahl hatte Steinmeier Trump als „Hassprediger“ bezeichnet.

Steinmeier sagte, auch hierzulande werde hart und kontrovers um politische Positionen gerungen. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass es in Deutschland in den nächsten Jahren einen Wahlkampf wie in den USA geben werde. „Eine andere Frage ist dagegen der auch bei uns immer tiefer grassierende Populismus. Der Vorwurf an die Medien als Lügenpresse, Hetze gegen Fremde, das Setzen auf die nationalistische Karte, die Sehnsucht nach Abschottung, das alles sehe ich auch bei uns zu Hause. Hier müssen wir höllisch aufpassen. Mein Appell: Wehret den Anfängen.“

Die Welt sei komplizierter geworden. Viele Menschen hätten Angst, suchten Halt und Sicherheit, sähen sich in ihrer Lebensweise und ihrem Lebensstandard bedroht und befürchteten, dass ihnen etwas weggenommen werde, sagte der SPD-Politiker. „Das nutzen die politischen Brandstifter hemmungslos aus.“

Nach monatelangen Beratungen über den künftigen Bundespräsidenten hatte die Union die Personalie am Morgen besiegelt. Die Spitzen von CDU und CSU stimmten nach internen Beratungen einer Unterstützung für Steinmeier zu. Der Außenminister war bereits vor Wochen von SPD-Chef Sigmar Gabriel für das höchste Amt im Staat vorgeschlagen worden.

Die Unionsparteien hatten mit ihrer Zustimmung aber lange gezögert. Insbesondere die CSU wollte eigentlich einen eigenen Kandidaten der Union. Nach Angaben von CSU-Chef Horst Seehofer hatte die Union bei der Suche nach einem eigenen Kandidaten zuvor zahlreiche Absagen kassiert. Viele angesprochene Persönlichkeiten hätten eine Kandidatur abgelehnt, sagte Seehofer nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. „Es waren viele Personen. Sehr viele sogar. Innerhalb der Union, auch der CSU, und außerhalb der Union.“

Zwar habe sich seine Partei eine andere Lösung gewünscht. „Aber es gibt dann auch eine Verantwortung für das Amt und für das Land, und der muss man dann gerecht werden, auch wenn es nicht allen parteipolitischen Vorstellungen entspricht“, sagte Seehofer. „Frank-Walter Steinmeier ist ein guter, geeigneter Kandidat für dieses hohe Amt.“

Union reklamiert Außenministerium für sich

In der Union wurden unterdessen Forderungen laut, Steinmeiers Nachfolger als Außenminister solle aus der Union kommen. „Was für den Bundespräsidenten gilt, nämlich, dass der beste Bewerber es werden möge, gilt auch für den Bundesaußenminister“, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, ZEIT ONLINE. Er sehe in den Reihen der SPD aber niemanden, der dieses Amt mit dem gleichen Gewicht ausfüllen könne wie derzeit Steinmeier. „Deswegen sollte der nächste Außenminister aus den Reihen der Union kommen“, forderte Hardt. Hier gebe es mehrere geeignete Persönlichkeiten. 

SPD-Chef Sigmar Gabriel pocht allerdings darauf, dass die Sozialdemokraten auch dann den Außenminister stellen, wenn Steinmeier zum Bundespräsidenten gewählt wird. „Es steht so im Koalitionsvertrag, und wir werden ihn deshalb auch nicht ändern“, sagte Gabriel im heute-journal. Auf die Frage, wer Steinmeier als Außenminister nachfolgen könnte, wollte sich Gabriel nicht konkret äußern. „Ich bin dafür, dass wir eine Frage nach der anderen klären“, sagte er.

Vereinzelt gab es in Unionsreihen auch Kritik an der Entscheidung, eine Kandidatur Steinmeiers zu unterstützen. Nach einem Bericht der Rheinischen Post soll auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble unter den Kritikern sein. Er habe von einer „Niederlage“ für die Union gesprochen, schreibt die Zeitung und beruft sich auf Teilnehmer einer Telefonkonferenz mit dem CDU-Vorstand, bei der Parteichefin Merkel die Entscheidung mitteilte.

Der neue Bundespräsident wird am 12. Februar von der Bundesversammlung gewählt. Amtsinhaber Joachim Gauck hatte aus Altersgründen im Sommer seinen Verzicht auf eine zweite Kandidatur erklärt. In der Bundesversammlung dürfte Steinmeier dank der Stimmen von CDU, CSU und SPD eine Mehrheit im ersten Wahlgang sicher sein.

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