Armenien hat Aserbaidschan im Konflikt um Bergkarabach vorgeworfen, mit „ethnischen Säuberungen“ gegen die armenische Bevölkerung vorzugehen. „Die Intensität und Grausamkeit der Offensive macht deutlich, dass die Absicht darin besteht, die ethnische Säuberung der armenischen Bevölkerung von Bergkarabach abzuschließen“, sagte der armenische Außenminister Ararat Mirzoyan in einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York.

Laut Mirzoyan gab es bislang mehr als 200 Tote und 400 Verwundete, darunter Zivilisten, Frauen und Kinder. Mehr als 10.000 Menschen seien gewaltsam vertrieben worden, darunter Frauen, Kinder und ältere Menschen, die ohne Nahrung und andere Lebensmittel im Freien leben müssten. Tausende Familien seien getrennt worden. Die Lage sei seit längerem alarmierend gewesen. Die internationale Gemeinschaft habe sich aber geweigert, die Alarmzeichen ernst genug zu nehmen.

Der UN-Sicherheitsrat habe in der Vergangenheit nicht angemessen reagiert, sagte der armenische Minister – nun müsse er endlich handeln. „Die Rechte und die Sicherheit des armenischen Volkes von Bergkarabach müssen angemessen berücksichtigt und international garantiert werden“, sagte Mirzoyan.

Aserbaidschan spricht von Anti-Terror-Maßnahme

Aserbaidschans Außenminister Jeyhun Bayramov hingegen verteidigte das Vorgehen vor dem UN-Sicherheitsrat als
Einsatz gegen armenische Terroristen. „Was Armenien der
internationalen Gemeinschaft als Angriff auf friedliche Bewohner der
Region Karabach in Aserbaidschan darzustellen versucht, sind in
Wirklichkeit Anti-Terror-Maßnahmen Aserbaidschans“, sagte Bayramov. 

Es gebe Tausende Einheiten Armeniens in Region. Diese seien mit schweren
Waffen wie Panzern und anderen gepanzerten Fahrzeugen,
Artilleriegeschützen, Mehrfachraketenwerfern, Mörsern sowie
elektromagnetischen Waffen ausgestattet. Bayramov hielt Fotos hoch, die
seine Worte untermauern sollten.

Baerbock: „Jetzt ist die Zeit zur Deeskalation“

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock rief die Konfliktparteien zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. „Was die
Menschen in der Region brauchen, ist ein dauerhafter Frieden zwischen
Aserbaidschan und Armenien. Und das kann nur am Verhandlungstisch
erreicht werden“, sagte die Grünen-Politikerin. „Jetzt ist die Zeit zur Deeskalation“, sagte Baerbock,
die zugleich davor warnte, die armenische Demokratie zu destabilisieren.

Das autoritär geführte Aserbaidschan hatte am Dienstagmorgen einen breit angelegten Militäreinsatz zur Eroberung Bergkarabachs begonnen. Die Region liegt zwar auf aserbaidschanischem Staatsgebiet, wird aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt. Die beiden ehemals sowjetischen Länder kämpfen seit Jahrzehnten um Bergkarabach. Die Waffenruhe nach dem letzten Krieg im Jahr 2020, in dem das durch Gas- und Öleinnahmen hochgerüstete Aserbaidschan bereits große Teile Karabachs erobert hatte, wurde immer wieder gebrochen.

Lesen Sie mehr auf Quelle