Im dritten Anlauf hat er es geschafft. Friedrich Merz ist zum neuen CDU-Chef gewählt worden. Kann er die CDU vor ihrer Krise retten? So kommentiert die Presse die CDU-Spitzenwahl.

Zunächst war er gegen Jens Spahn und Annegret Kramp-Karrenbauer angetreten – und musste den CDU-Spitzenposten Spahn überlassen. In der nächsten Runde traf Merz dann auf Norbert Röttgen und Armin Laschet. Das Rennen machte am Ende der Ministerpräsident aus NRW. Davon ließ sich Merz nicht beirren und trat nun ein drittes Mal an. Seine Konkurrenten: der ehemalige Kanzleramtschef Helge Braun und Norbert Röttgen.

Gegen beide setzte sich Friedrich Merz beim ersten Mitgliederentscheid in der Parteigeschichte mit 62,1 Prozent durch. Auf einem Parteitag im Januar soll er offiziell zum Nachfolger von Armin Laschet bestimmt werden. Das schreibt die Presse über den Sieg von Friedrich Merz:

„Sueddeutsche Zeitung“: Verglichen mit Friedrich Merz war Armin Laschet der Prinz Karneval der CDU, nur musste leider die Session ausfallen. Friedrich Merz ist dagegen der Mann des Aschermittwochs, wenn der Kater bekämpft und aufgeräumt wird. Wenn die CDU wieder mehr Profil gewinnen will, muss sie sich deutlicher unterscheiden von den drei Parteien der Ampel-Koalition. Und doch ist der Grat schmaler, als viele denken, auf dem die Christdemokraten nun gehen müssen, zwischen den Rechtspopulisten und -extremisten einerseits und dem breit aufgestellten Dreierbündnis der Koalition andererseits. (…) Unter Friedrich Merz wird die CDU sich neu definieren müssen. Sie wird ihre ganz eigene Identitätsdebatte führen. Aber das ist genau das, was sie tun muss, um sich selbst wiederzufinden.“STERN PAID Wahlsieg Friedrich Merz 16.25

„Südwest Presse“: „Das Mitgliedervotum der CDU hat gleich zwei Erkenntnisse beschert: Friedrich Merz ist tatsächlich der Vorsitzende der Basisherzen. Die Beteiligung von 66 Prozent übertrifft nicht nur die Erwartungen, sondern auch die Quote vergleichbarer Entscheidungen der politischen Konkurrenz. Dennoch: Die harten Zeiten bei der CDU beginnen jetzt erst. Erst ganz allmählich scheint es der Union zu dämmern, was es heißt, Opposition zu sein. Es werde mit ihm keinen Rechtsruck geben, hatte Merz versprochen. Gut möglich aber, dass viele seiner Wähler genau den von ihm erwarten.“

„Leipziger Volkszeitung“: „Ausgerechnet Friedrich Merz, dem es nie gelungen ist, die Differenzen mit Merkel zu überwinden, ist also der neue Traumatherapeut der Partei. Wenn er erfolgreich sein will, wird er zusammenführen und integrieren müssen in der CDU. Wenn sich Merz in einen Machtkampf um den Unions-Fraktionsvorsitz stürzt, wird das schwierig. Und auch allein das Programm des ihm nahestehenden Wirtschaftsflügels zu verfolgen, wird nicht ausreichen. In der Opposition ist es zwar einfacher als in der Regierung, 100-prozentige eigene Vorschläge zu propagieren – es sind schließlich keine Koalitionskompromisse mehr nötig. Aber dazu müssen die Lösungen erst einmal da sein.“

„Handelsblatt“: „Für Merz ist die Wahl sicherlich eine große persönliche Genugtuung. Er ist dreimal angetreten, bis er aus dem Schatten seiner ehemaligen Rivalin Angela Merkel heraustreten konnte. Stärker könnte die Zäsur im Vergleich zu den Merkel-Jahren nicht ausfallen. Merz übernimmt das Ruder bei den Christdemokraten. Die Merkelianer hat er nun endgültig geschlagen. Ein möglicher Verlierer ist Ralph Brinkhaus, der Unions-Fraktionsvorsitzende. Anders als die beiden anderen Bewerber hat Merz nicht ausgeschlossen, auch den Fraktionsvorsitz zu übernehmen. Das Ergebnis dürfte ihm Rückenwind geben bei seiner Argumentation, beide Ämter gehörten in eine Hand.“STERN PAID Auftritt Merz Berlinhochdrei 19.00

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“: Den Titel ‚Das politische Comeback des Jahres‘ kann die SPD jetzt nicht mehr ausschließlich für sich und Olaf Scholz beanspruchen. Friedrich Merz’ deutlicher Sieg schon in der ersten Runde der Mitgliederbefragung der CDU spielt in derselben Liga, auch wenn dieser Erfolg nicht zum Einzug ins Kanzleramt, sondern nur in den obersten Stock des Konrad-Adenauer-Hauses verhilft. (…) Im Vertrauen auf seine Beliebtheit bei der Parteibasis nahm er auch noch einen dritten Anlauf, um CDU-Vorsitzender zu werden. Seine Einschätzung, dass er bei den ‚einfachen‘ Mitgliedern mehr Anhänger habe als beim ‚Establishment‘, trog nicht. Den Statuten entsprechend wird Merz zwar erst auf dem Parteitag im Januar gewählt. Nach diesem Vorlauf wird das aber eine Formalie mit einem noch besseren Ergebnis sein.“

„Allgemeine Zeitung“: „Wer einen Rechtsruck-Merz erwartet, der einst die Wählerschaft der AfD halbieren wollte, wird sich täuschen. Der 66-Jährige ist zwar nicht der junge Retter der Union. Er ist aber schlicht zu schlau, um sich mit der Beschwörung überkommener Rezepte gegen die Ampel von Olaf Scholz profilieren zu wollen. Merz weiß, dass auch die Union zeitgemäße Antworten auf die Begrenzung des Klimawandels, den Rückstand in der Digitalisierung, den Umbau der Industriegesellschaft und auch für eine gesteuerte Zuwanderung finden muss.“

„Stuttgarter Nachrichten“: „Friedrich Merz also. Ehrlich? Die CDU-Basis hat sich für den 66-jährigen Sauerländer als neuen Parteivorsitzenden entschieden. Mit einer derart überraschend unangefochtenen Zustimmung obendrein, dass man sie getrost überwältigend nennen darf. Richtungsweisend über den Tag hinaus. Das Votum ist das eine Abrechnung mit all jenen glücklos-konfusen Führungsgremien, die gleich zwei Bundesparteitage zu fragwürdigen personellen Entscheidungen gedrängt haben, ohne sich um die Basis zu scheren oder sie ernstzunehmen. Das für so viele Mitglieder aufatmende Ja zu Friedrich Merz, das einen bemühten zweiten Wahlgang überflüssig macht und für Ende Januar das Votum des zuständigen Bundesparteitags in Beton gießt, ist deshalb das, was seine Initiatoren bezweckt hatten: ein überfälliges Aufbegehren einer viel zu lange ignorierten und für zu leicht befundenen Basis.“

„Neue Onsabrücker Zeitung“: „Das Bild von Friedrich Merz, das von Teilen der Öffentlichkeit gezeichnet wurde, stimmt heute nicht mehr mit der Wirklichkeit überein. Er hat verstanden, dass er die Frauen in der Partei braucht, um erfolgreich zu sein. Er weiß auch, dass er mit markigen wirtschaftsliberalen Sprüchen in der Breite der Gesellschaft keinen Zuspruch findet. Und er spricht schon lange nicht mehr davon, dass er AfD-Wähler in Scharen zurückholen will. Er darf die CDU nicht nach rechts rücken, muss sie aber zu neuer Klarheit führen. Merz hat zwar betont, dass seine Wahl ausdrücklich keine Vorentscheidung für die Kanzlerkandidatur 2025 ist. Im Zweifel wird er einem oder einer anderen den Vortritt lassen müssen. Das aber dürfte ihm, da ist er dann vermutlich doch noch der Alte, sehr schwerfallen.“FS Friedrich Merz Stationen 17.41

„Nordkuruier“: „‚Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an‘ – sang einst der unvergessene Udo Jürgens. Nun, Friedrich Merz startet zumindest eine neue politische Episode in seinem Leben. Dass eine Partei einen 66-Jährigen mit einem starken Ergebnis zum Neustart des gestrandeten christdemokratischen Dampfers auf die Kommandobrücke hievt, sagt viel über tiefe Sehnsüchte und schmerzhafte Wunden aus, unter denen die CDU leidet. Dass der CDU-intern liebevoll als ‚konservativer Knochen‘ bezeichnete Merz eine durch politische Irrungen und Wirrungen in der letzten Phase der Merkel-Ära orientierungslos dahinschlitternde Partei auf Kurs bringen kann, ist dem neuen Kapitän durchaus zuzutrauen. Aber: Welchen Kurs wird Merz vorgeben? Zählen Inhalte von gestern oder von morgen? Diese Fragen muss der ‚Neue‘ schnell beantworten, sonst zerschellt das CDU-Schiff mit dem Anstrich Volkspartei an den nächsten politischen Klippen.“

„Schwäbische Zeitung“: „Die CDU hat einen neuen Parteivorsitzenden, den dritten innerhalb von drei Jahren. Drei Anläufe hat auch Friedrich Merz gebraucht, um an die Spitze aufzusteigen. Dass sich die Basis in der Mitgliederbefragung überraschend deutlich für ihn ausgesprochen hat, zeigt, wie groß die Sehnsucht nach einer klaren, aber auch konservativen politischen Linie der CDU ist – und nach einem Neuanfang nach Merkel. Höchste Priorität muss es für ihn haben, dass die CDU in der Opposition ankommt – nicht nur mit dem Verstand, sondern auch mit Leidenschaft.

In 16 Jahren in Regierungsverantwortung hat die CDU inhaltliche Debatten viel zu lange weggedrückt, weil sie wegen des Merkel-Bonus ohnehin gewählt wurde. Aber auch den Angriffsmodus muss die Union wieder lernen, wenn sie neben den frischen Ampel-Koalitionären nicht wie ein Auslaufmodell erscheinen will. Viele Junge haben sich ohnehin schon abgewandt, dieser Trend könnte sich beschleunigen. Von Merz verlangt das zweierlei: größere integrierende Fähigkeiten, als er sie bislang gezeigt hat, und genau den Biss, den er ohnehin hat. Nur wenn er beides hinbekommt, wird er als Parteichef und die CDU als Partei am Ball bleiben.“PAID STERN 2019_52 Das Ende des Merkelismus 9.35

Stimmen aus dem Ausland

„Der Standard“: „Es besteht in der CDU offensichtlich große Sehnsucht nach einem ’starken Mann‘, der alle Kraft auf die Parteiarbeit richtet und zugleich der Ampel aus SPD, Grünen und FDP gut Paroli bieten kann.
So einer ist Merz zweifelsohne. Die Möglichkeiten der Opposition auf der politischen Bühne sind begrenzt, Merz wird sie zu nutzen wissen. Sein konservatives Profil kann eine deutliche Alternative zu den Ampelpositionen sein und dürfte den politischen Diskurs in Deutschland beleben. Andererseits: Merz ist nicht der Heilsbringer, für den ihn viele halten. Trotz allen Engagements: Er ist ein Mann von gestern, keiner für morgen. Wer Aufbruch möchte, wählt keinen 66-Jährigen an die Spitze. Er wird gebraucht für den Übergang, weil die Partei nach so vielen Jahren mit Merkel personell ausgeblutet ist.“

„Neue Züricher Zeitung“: „Merz ist der geeignete Mann, um der orientierungslosen Partei wieder ein klares programmatisches Gravitationszentrum zuzuweisen. Das wird sowohl seiner Partei wie der Demokratie in Deutschland insgesamt guttun. Die auch von interessierten Parteikreisen gestreute und von gierig zugreifenden Medien weitergereichte Fama, Merz sei ein Mann von gestern, der die Partei massiv nach rechts rücken werde, hat bei zwei Dritteln der abstimmenden Mitglieder nicht verfangen. Zu offensichtlich war sie nicht Ergebnis einer Analyse des Politikers und seiner Positionen, sondern der Versuch, ihn auf den letzten Metern doch noch zu verhindern. (…)

Unter Merz’ Führung muss es der CDU nun gelingen, eine Antwort darauf zu formulieren, wie liberal-konservative Bürgerlichkeit mit Anziehungskraft aussehen kann. Für Deutschlands Demokratie ist es allerhöchste Zeit, dass sich die ihrem Selbstverständnis nach natürliche Regierungspartei in der Opposition erholen kann und als programmatische Alternative wie als konstruktive Opposition bewährt.“

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