Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen sieht Bundeskanzlerin Angela Merkel keinen Anlass für einen Rückzug. Falls es zu Neuwahlen kommen sollte, sei sie bereit, ihre Partei erneut in den Wahlkampf zu führen, sagte die CDU-Vorsitzende am Montagabend in einem ARD-„Brennpunkt“. Eine Minderheitsregierung, „die von Stimmen aus der AfD abhängig wäre“, schloss sie aus. In so einem Fall wären Neuwahlen der bessere Weg, sagte Merkel. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief die Parteien eindringlich zu einem neuen Anlauf für eine Regierungsbildung auf. Die SPD bekräftigte aber ihr Nein zu einer großen Koalition. Wie es nun weitergeht, ist völlig offen. 

Die wichtigsten Ereignisse nach dem Scheitern der Sondierungen zum Nachlesen im stern-Ticker:

s 12.11 Uhr: Gabriel warnt vor Eindruck der Handlungsunfähigkeit Deutschlands s

Sigmar Gabriel hat nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche vor dem Anschein der außenpolitischen Handlungsunfähigkeit Deutschlands gewarnt. „Was immer wir also in den nächsten Wochen auch tun werden – was wir auf keinen Fall machen dürfen, ist, Belege schaffen für die, die sich freuen über die Schwächung einer liberalen und freiheitlichen Weltordnung“, mahnte der SPD-Minister im Bundestag in der Debatte über die Verlängerung mehrerer Auslandseinsätze. 

s 11.27 Uhr: Kubicki sieht keinen Alleinschuldigen für Jamaika-Aus s

Für das Scheitern der Jamaika-Sondierungen in Berlin gibt es nach Ansicht von FDP-Vize Wolfgang Kubicki keinen alleinigen Schuldigen. „Wir alle haben es nicht hingekriegt“, sagte Kubicki am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. „Man muss respektieren: Wenn es nicht passt, dann passt es nicht.“

Die Entscheidung der FDP zum Abbruch sei am Sonntagabend um 22.30 Uhr gefallen, sagte Kubicki. „Aber der Prozess war seit längerer Zeit gewachsen. Wir haben ja auch mehrfach deutlich gemacht, dass es so nicht weitergehen konnte.“ Die FDP sei schließlich zur Überzeugung gelangt, dass weiteres Sondieren aussichtslos sei. „Wir haben schlicht und ergreifend festgestellt, dass es keinen Sinn mehr macht – wenn Sie 237 Dissenspunkte haben, lösen Sie das nicht mehr in einer Nacht auf“, sagte der Kieler FDP-Fraktionschef. „Es ist besser, nicht in eine Beziehung zu gehen, von der sie wissen, dass sie nach sechs Monaten eine schmutzige Scheidung haben werden.“

s 10.27 Uhr: Lindner wirbt um Verständnis für Abbruch der Sondierungen s

FDP-Chef Christian Lindner hat in einem Brief an die Parteibasis um Verständnis für den Abbruch der Gespräche über eine Jamaika-Koalition geworben. Auf dem Verhandlungstisch habe am Ende im wesentlichen „ein ambitionsloses „Weiter so“ auf dem Kurs der Großen Koalition“ gelegen, gespickt mit zahlreichen Wünschen der Grünen. „Dafür können und wollen wir nicht zur Verfügung stehen“, schrieb Lindner. Zudem habe sich gezeigt, „dass die vier Partner keine gemeinsame Idee zur Gestaltung des Landes und keine gemeinsame Vertrauensbasis erreichen konnten“.

Lindner begründete den Ausstieg der Liberalen aus den Verhandlungen ähnlich wie zuvor in der Öffentlichkeit. So erklärte er unter anderem, dass aus Sicht des FDP-Verhandlungsteams nach vier Wochen Sondierungen „unverändert nur ein Papier mit zahllosen Widersprüchen, offenen Fragen und Zielkonflikten“ vorgelegen habe. Es habe sich gezeigt, „dass die vier Partner keine gemeinsame Idee zur Gestaltung des Landes und keine gemeinsame Vertrauensbasis erreichen konnten“. Er führte dazu Beispiele aus der Finanzpolitik, der Energie- und Klimapolitik sowie den Bereichen Bildung, Europa und Zuwanderung an.

s 10.16 Uhr: Für Habeck gibt es keine Hoffnung auf neuen Jamaika-Versuch s

Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen wird es nach Einschätzung des Kieler Grünen-Umweltministers Robert Habeck keinen neuen Anlauf für ein Bündnis aus Union, FDP und Grünen geben. „Ich glaube, dass die FDP nicht mehr zurückkommt. Dafür hat die Tür zu laut geknallt“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. Die Grünen wären gesprächsbereit. Aber: „Ich habe keine Hoffnung.“

Habeck plädierte für die Bildung einer großen Koalition aus Union und SPD, wogegen sich die Sozialdemokraten allerdings sträuben. „Ich schäme mich selber, dass ich sage: lieber eine große Koalition als Neuwahlen“. 

s 9.25 Uhr: Entwicklungsminister Müller wirft FDP Verhinderungsstrategie vor s

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat der FDP vorgeworfen, den Ausstieg aus den Jamaika-Verhandlungen im Voraus geplant und längerfristig vorbereitet zu haben. Es scheine so, „als sei der Abbruch nicht spontan erfolgt, sondern bereits seit längerem geplant“, sagte Müller der „Augsburger Allgemeinen“ vom Dienstag. „Sachlich gab es aus unserer Sicht dazu keinen Anlass, also war es wohl so gewollt und geplant“, kritisierte der CSU-Politiker.

s 9.15 Uhr: SPD-Bundesvize Schäfer-Gümbel rechnet mit Neuwahlen s

Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel geht davon aus, dass es nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen Neuwahlen geben wird. „Nachdem die Wunschkoalition Jamaika nicht zustande gekommen ist, möchten die Bürgerinnen und Bürger jetzt die Lage neu bewerten, und ich weiß überhaupt nicht, warum wir uns dem gegen erwehren“, sagte er im Deutschlandfunk.

s 8.47 Uhr: Altmaier will innerhalb von drei Wochen Klarheit über mögliche Regierungsbildung s

Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) will so schnell wie möglich Klarheit über eine Regierungsbildung. Es müsse „in den nächsten drei Wochen“ Klarheit darüber geben, ob es möglich sei, auf Grundlage des bisherigen Wahlergebnisses eine stabile Regierung zu bilden, sagte Altmaier im ZDF-„Morgenmagazin“. Es sei auch ein „Markenzeichen“, dass Deutschland eine „stabile und verlässliche Regierung hat“.

s 8.45 Uhr: Nahles schließt Tolerierung einer Minderheitsregierung nicht aus s

Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Andrea Nahles, kann sich offenbar die Tolerierung einer unionsgeführten Minderheitsregierung vorstellen. „Das hängt davon ab, da müssen wir jetzt drüber reden“, sagte sie am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Wir sollten darüber reden, wie wir einen Prozess gestalten, der unser Land in eine stabile, neue Regierung führt.“ Dieser Prozess könne zum Beispiel in einer Minderheitsregierung münden. Zugleich betonte Nahles mit Blick auf mögliche Neuwahlen: „Da hat niemand wirklich Lust drauf. (…) Aber es ist trotzdem eine Option, die wir auch nicht scheuen.“

Nahles versicherte, die SPD werde sich dem Gespräch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht verweigern. Aber den Regierungsauftrag habe jetzt Kanzlerin Angela Merkel. Die SPD-Politikerin betonte: „Die große Koalition hatte auch am Ende inhaltlich nicht mehr die Substanz und die Kraft, die sie vielleicht über Jahre hatte. Und es gibt keinen Automatismus. Wir sind auch nicht der Notnagel von Frau Merkel.“

Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) appellierte im ZDF an die SPD, die Worte Steinmeiers vom Vortag zu „wägen“. Steinmeier hatte die Parteien aufgefordert, ihrer Verantwortung für das Land gerecht zu werden. Altmaier betonte: „Wir können uns nach so einer Wahl nicht einfach in die Büsche schlagen, deshalb muss die Regierungsbildung das oberste Ziel werden.“

In den nächsten drei Wochen müsse Klarheit geschaffen werden, ob auf der Grundlage des Wahlergebnisses eine stabile Regierung gebildet werden kann. „Eine Minderheitsregierung, die von niemandem unterstützt und getragen wäre, wäre sicherlich keine gute Lösung für das Land“, sagte Altmaier. 

s 8.17 Uhr: CDU-Bundesvize Julia Klöckner lehnt Minderheitsregierung ab s

Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner steht nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen einer Minderheitsregierung ablehnend gegenüber. „Ich bin auch der Meinung, dass dies die schlechteste und die schlechtere Variante wäre“, sagte sie im Deutschlandfunk. Eine Minderheitsregierung würde zu Unsicherheiten führen.

Jedoch sei auch eine Neuwahl, die möglicherweise einen ähnlichen Ausgang bringen könnte, nur eine Notlösung. „Es ist eigentlich ein Ausrufezeichen der Mahnung, dass sich nicht die SPD und andere hinter die Büsche schlagen können“, sagte die CDU-Politikerin. Die CDU/CSU stehe klar hinter Angela Merkel als Kanzlerin, da sie als Stabilitätsanker gelte.

s 6.02 Uhr: Union verstärkt im Koalitionspoker Druck auf SPD s

Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen wächst der Druck der Union auf die SPD, doch noch einer Neuauflage der großen Koalition zuzustimmen. Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte der „Saarbrücker Zeitung“, die SPD sollte „in sich gehen“. Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach sagte, er bedauere es sehr, „dass die SPD vorschnell die Übernahme von Regierungsverantwortung abgelehnt“ habe. 

s 4.05 Uhr: Kretschmann hält Merkel nach wie vor für stark s

Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen in Berlin wirkt es, als rückten in Baden-Württemberg Grüne und CDU noch enger zusammen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“, er halte Angela Merkel (CDU) trotz des Scheiterns der Jamaika-Verhandlungen weiterhin für stark und rechne nicht mit dem Amtsverzicht der Kanzlerin. „Ich hatte nicht den Eindruck, dass da in der Union eine große Kanzlerinnendebatte ausgebrochen ist. Sie macht auf mich weiterhin einen starken Eindruck“, wird Kretschmann in beiden Blättern zitiert.

s 0.27 Uhr: Treffen mit Lindner: Steinmeier möchte Chance für Jamaika-Koalition ausloten s

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will heute mit FDP-Chef Christian Lindner ausloten, ob es noch Chancen für eine Jamaika-Koalition mit Union und Grünen gibt. Das Treffen sei um 16 Uhr geplant, sagte Lindners Sprecher der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Nach dem Scheitern der Sondierungen für ein schwarz-gelb-grünes Bündnis hatte Steinmeier die Parteien aufgerufen, sich erneut um eine Regierungsbildung zu bemühen. „Wer sich in Wahlen um politische Verantwortung bewirbt, der darf sich nicht drücken, wenn man sie in den Händen hält.“

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