Im Iran setzt die Polizei den Kopftuchzwang ab sofort mithilfe von Videoüberwachung durch. Wer gegen die Kleidungsvorschriften verstoße, erhalte eine Warnung per Textnachricht, berichtete die iranische Nachrichtenagentur Tasnim. Die Kamerasoftware mache keine Fehler, hieß es unter Berufung auf die Polizei. Es sei aber möglich, Einwände zu erheben.

Die iranische Polizei kündigte an, von nun an konsequent gegen Frauen vorzugehen, die an „öffentlichen Plätzen, in Fahrzeugen und an anderen Orten“ gegen das Kopftuchverbot verstießen. So hieß es in einer auf der Website der Polizei veröffentlichten Erklärung.

Den Hidschab abzunehmen, sei eine Straftat, zitierte die Erklärung den Chef der Sicherheitspolizei, Hassan Mofachami. Wer gegen das Gesetz verstoße, solle dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Dies gelte auch für Unternehmen, die es zuließen, dass Frauen am Arbeitsplatz ihr Kopftuch ablegten. Sie würden zunächst verwarnt, im Wiederholungsfall müssten sie aber mit ihrer Schließung rechnen.

Außerdem sollen künftig auch Menschen bestraft werden, die Frauen ermutigen, ihr Kopftuch abzulegen, zitierte die halbamtliche Nachrichtenagentur Mehr den stellvertretenden Generalstaatsanwalt Ali Dschamadi. Berufung gegen entsprechende Urteile könne nicht eingelegt werden. „Die Strafe für das Verbrechen, andere zu ermutigen, den Hidschab abzulegen, ist härter als die Strafe für das Verbrechen an sich, den Hidschab abzunehmen“, sagte er. „Es zeigt eindeutig die Förderung von Korruption.“ Was genau unter den Tatbestand zur Ermutigung fällt und wie hoch das bestraft werden soll, sagte er nicht.

Polizeichef Achmad-Resa Radan hatte bereits vor einer Woche den Einsatz von „intelligenten Kameras und anderer Geräte“ auf öffentlichen Plätzen und Straßen angekündigt, um Verstöße gegen die Kleiderordnung zu ahnden. Dabei kündigte er auch Maßnahmen gegen Autobesitzer an, falls eine der Insassen ohne Hidschab angetroffen werde. Im Wiederholungsfall droht demnach die Beschlagnahme des Fahrzeugs.

Immer mehr Frauen tragen kein Kopftuch

Schon seit Monaten ist die berüchtigte Moralpolizei, die den Kopftuchzwang mit Patrouillen durchsetzte, fast gänzlich von den Straßen verschwunden. Viele Frauen in Irans Metropolen tragen inzwischen kein Kopftuch mehr. Anfang April hatten die Behörden angekündigt, die Vorschriften an Universitäten wieder strenger durchzusetzen. Studentinnen, die sich nicht an die Gesetze halten, sollen demnach vom Unterricht ausgeschlossen werden.

Mehr als sechs Monate nach Beginn der jüngsten Protestwelle im Iran steht die politische und geistliche Führung des Landes weiter unter massivem Druck. Die Aufstände im Herbst stürzten die Islamische Republik in eine der schwersten Krisen seit Jahrzehnten. Auslöser war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini Mitte September. Sie starb im Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsregeln festgenommen worden war.

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