Das strategisch wichtige Überseegebiet Neukaledonien wird auch künftig weiter zu Frankreich gehören. Beim dritten und vorerst letzten Unabhängigkeitsreferendum stimmten am Sonntag 96,5 Prozent der Bevölkerung für einen Verbleib bei Frankreich – allerdings war die Wahlbeteiligung nach Angaben des Senders 1ère Nouvelle Calédonie extrem niedrig. Der Archipel im Südpazifik war früher eine französische Kolonie, genießt jedoch heute weitreichende Autonomie.

Nach viel Kritik im Vorfeld blieben mehr als die Hälfte der etwa 185.000 Wahlberechtigten dem Votum fern. Die Beteiligung lag nur bei knapp 44 Prozent. 2018 und 2020 hatte sie sich noch auf mehr als 80 Prozent belaufen. Damals hatten jeweils 56,4 sowie 53 Prozent gegen eine Abspaltung votiert. Separatisten hatten vor der Wahl zum Boykott aufgerufen. Wegen der Corona-Pandemie und der zeitlichen Nähe zu den französischen Präsidentschaftswahlen hatten sie eine Verschiebung des Votums gefordert.

Das Ergebnis dürfte vor allem für die Bevölkerungsgruppe der Kanaken – Neukaledoniens melanesische Ureinwohner – eine Enttäuschung sein. Von ihnen hoffen viele seit Langem auf einen eigenen Staat. Nun soll in einer Übergangsphase bis Juni 2023 ein neuer Status Neukaledoniens vorbereitet werden, den eine weitere Abstimmung bestätigen soll.

Unabhängigkeitsbewegung spricht von „Kriegserklärung“

Neukaledonien ist für Frankreich als Standort im geopolitisch umkämpften Indopazifik, wo China immer mehr an Einfluss zu gewinnen versucht, strategisch und militärisch von Bedeutung. Die französischen Streitkräfte unterhalten im Archipel eine Basis. Zudem hat Neukaledonien reiche Vorkommen von Nickel, jenem Metall, das unabdingbar für die Herstellung etwa von Mobiltelefonen und Flachbildschirmen ist.

Das Abkommen von Nouméa von 1998 hatte im Rahmen der Dekolonialisierung Neukaledoniens bis zu drei Unabhängigkeitsreferenden vorgesehen. Die Melanesian Spearhead Group (MSG) (Melanesische Speerspitzengruppe) rief die Mitgliedstaaten bereits vor Verkündung des Resultats dazu auf, das Ergebnis nicht anzuerkennen. Die MSG ist eine 1983 gegründete Organisation von Staaten mit melanesischer Bevölkerung. MSG-Generaldirektor George Hoa’au teilte mit, die Situation im Archipel sei derzeit nicht angemessen für eine freie und faire Wahl. Die größte Unabhängigkeitsbewegung FLNKS hatte die Ausrichtung des Referendums als „Kriegserklärung“ bezeichnet.

Neukaledonien mit der Hauptinsel Grande Terre steht unter der Territorialhoheit Frankreichs. Der Archipel erhält jährlich 1,5 Milliarden Euro Beihilfen aus Paris. Gegnerinnen und Gegner der Unabhängigkeit befürchten einen Wirtschaftsrückgang, sollten die Verbindungen nach Frankreich gekappt werden.

Das Archipel Nouvelle-Calédonie (wörtlich übersetzt: Neuschottland) hatte James Cook 1774 bei seiner zweiten Südseereise als erster Europäer betreten. 1853 war es von Frankreich in Besitz genommen worden und wurde anfangs als Sträflingsinsel genutzt. Heute leben dort neben den Ureinwohnern vor allem Nachfahren der Kolonisten sowie viele Zuwanderer aus anderen Pazifikstaaten.

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