Als Donald Trump vergangene Woche im New Yorker Trump Tower das erste Mal nach einem halben Jahr wieder vor der Presse stand, hatte der Auftritt etwas von einem Kasperletheater: eine Bühne, davor ein hyperaktives Publikum. Der Bösewicht hatte sich auch schnell gefunden. Nur war in diesem Stück ausnahmsweise nicht Trump selbst der böse Wolf, sondern „die Medien“ wurden dazu gemacht. Eigentlich hatte der designierte Präsident ins Kreuzverhör genommen werden sollen. Die brisanten Fragen gingen jedoch unter, da die Medienvertreter sich lieber gegenseitig gegen die Schienbeine traten.

Sind sie also vorbereitet auf den nächsten US-Präsidenten, der in den vergangenen Monaten so keinerlei Hehl daraus gemacht hat, wie sehr er Journalisten verabscheut?

Margaret Sullivan, Medienredakteurin der Washington Post, erinnerte Trumps Auftritt an Shakespeares Der Sturm. In dem Drama heißt es in einer Zeile, dass das Vergangene lediglich Vorspiel sei. Trumps Umgang mit den Medien sei also bloß ein Vorgeschmack auf seine Präsidentschaft, sagt sie: „Er wird nichts unversucht lassen, den Menschen einzureden, dass sie nur ihm glauben sollten, und nicht ihren eigenen Augen.“

Die Wähler nehmen Trump ernst, aber nicht beim Wort

Wichtig wird es deshalb, Trumps Sprache zu deuten. Eine schwierige Aufgabe: Seine frei gehaltenen Reden gleichen eher einem Gedankenstrom als strukturierter Argumentation. „Donald Trump ist kein klassischer Politiker. Wir Journalisten müssen lernen, unsere Berichterstattung daran anzupassen“, sagt Clarence Page. Für den langjährigen Kolumnisten der Chicago Tribune ist Trump ein Sonderfall. „Ich bin 70, so alt wie Trump, ich beobachte ihn seit den achtziger Jahren. Trotzdem weiß ich nie, was man von ihm erwarten kann. Ich wäre mir nicht so sicher, ob er das selbst weiß.“

Das Problem vieler Journalisten, die über Trump berichten, ist also der veränderte Maßstab. Wenn Trump spricht, nehmen ihn die Medien wörtlich. Immerhin ist er der nächste Präsident der Vereinigten Staaten. „Wenn Trump geschönte Zahlen in seine Rede einbaut, ist das für uns eine Lüge, ein Skandal“, erklärt Page. „Bei seinen Wählern kommt das anders an. Mit denen kann er auf eine Weise kommunizieren, die für uns undenkbar ist.“ Denn seine Anhänger finden das nicht so dramatisch.

Womöglich müssten die Medien sich mehr in sie hineinversetzen. Page sagt: „Die Medien nehmen Trump beim Wort, aber nicht ernst. Seine Wähler nehmen ihn ernst, aber nicht beim Wort.“

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